Der gestrige Etappentag begann müde. Die Nacht war kurz und der Morgen durch einen Haufen Schüler, die den Rummelplatz auf dem wir die Nacht verbracht haben bevölkerten, Sehr laut. An den rund 200 dazwischen stehenden Autos störte sich niemand.
Wir wollten endlich mal wieder einen Tag mit den Unicamels fahren und so starteten wir gemeinsam den Berg hinauf zum über uns gelegenen Palast. Das Roadbook gab uns auf, dass wir im Harem ein Foto machen sollten. Wir haben uns den ganzen Palast, der mit Inventar sicherlich noch imposanter gewesen wäre, angesehen und uns dann bei den vor dem Palast stationierten Militärs Stempel für das ganze Roadbook geben lassen. Nur für den Fall, dass wir nochmal einen Tag ausfallen.
Dann ging es die Straße vom Palast am Fahrerlager vorbei hinunter. Diese Straße allein war ein Abenteuer. Das Pflaster hat definitiv schon bessere und sehr sehr viel ebenere Zeiten gesehen.
Auch der Toilettenbesuch an der Tankstelle war ein Erlebnis. Das war die erste Toilette in der ich war, die Sichtfenster in den Kabinentüren hat.
Wir hatten vereinbart zunächst Strecke zu machen und das erste Teilstück auf der Schnellstraße zu fahren um dann Erzurum anzusehen und, wenn es die Zeit erlaubt, in Richtung Süden auf die Landstraßen abzubiegen und so die letzte Etappe hinter uns zu bringen. Die Landschaft war mal wieder wunderschön. Zackige Felsformationen und die vierspurig in den Fels geschnittene Straße wechselten sich mit Graslandschaften im Stile der Windows-Hintergrundbilder ab.
Einzig die abwechselnd auftauchenden Checkpoints der türkischen Armee und der kurdischen Milizen verursachten eine etwas eigenartige Atmosphäre. Wenn eine vierspurige Straße einspurig wird und man 50 m direkt auf das, auf einen selbst gerichtete Geschütz eines Radpanzers zufahren muss oder am Straßenrand Halbwüchsige mit Schutzwesten und Kalaschnikows stehen, wird einem auch dann komisch, wenn alle Beteiligten einen fröhlich winkend passieren lassen.
In Erzurum haben wir uns dann in der Stadt ein Restaurant empfehlen lassen und dort gemeinsam Kebab gegessen. Schön vom Spieß mit Tomaten, Gurke, Zwiebeln und Brot. Auch das war wieder einmal fantastisch. Kati und Sandra dürften auch selbst vom Kebab-Spieß schneiden und somit ist wieder eine unserer Aufgaben erfüllt.
Von Erzurzm wandten wir uns südwärts auf die Landstraßen und wieder zog uns die Landschaft in Ihren Bann. Mehrfarbige Berghänge und ein wunderschönes Tal in das wir dann auch abbogen. Dass uns ein Haufen Teams entgegen kamen, lies uns kalt. Schließlich war das doch auch die Route für all diejenigen, die nur den ersten Abschnitt der Etappe auf Landstraßen fahren wollten und zudem kam uns auch das Team Schwabenstahl Volvopower entgegen – die hätten uns ja sicherlich gewarnt wenn auf der Strecke irgendetwas wäre.
Und so fuhren wir die winzige Straße durch das Tal entlang, verschenkten unterwegs Gunmibärchen von Korbmayer und Spielzeugautos aus unseren Promoaktionen. Es bleibt nicht aus, dass sich die Kolonne auf solchen Strecken etwas auseinander zieht und man sich immer mal wieder trifft. Bei einem dieser Stops stellten wir Fehlzünder fest, dass sich unserer Tankfüllungen rapide der Reserve näherten. Allerdings war in 20 km Entfernung ein größerer Ort ausgeschildert und üblicherweise mangelt es der Türkei nicht an Tankstellen. Also ging es weiter nach Yedisu was übersetzt “sieben Quellen” heißt, da im Ortskreis sieben Quellen entspringen.
Dort kamen wir auf dem Marktplatz an auf dem sich auch zwei Zapfsäulen befanden. Die Einwohner riefen sogleich den Tankwart herbei, der mit Hilfe eines Sozialarbeiters der Englisch sprach erklärte, dass es kein Benzin sondern nur Diesel geben würde und dass das nächste Benzin im 100 km entfernten Erzurum zu bekommen sei. Als wir uns entsetzt ansahen, da die E-Klassen der Fehlzünder diese Strecke auf keinen Fall mehr schaffen würden, kam Bewegung in die Dorfbewohner die sich in immer größeren Scharen auf dem Dorfplatz versammelten. Viele zückten Handys und es wurde, ohne dass wir darum gebeten hatten, Freunde, Verwandte und sogar der Bürgermeister und das nahegelegene Militärlager angerufen ob uns jemand Benzin hätte oder bringen könnte, denn die von uns geplante Route war wegen eines havarierten LKWs gesperrt. Die Zwischenzeit haben wir alle ausgenutzt um Gummibärchen, Spielzeugautos und sonstige Geschenke an die Kinder zu verteilen. Kurz darauf wurde uns gesagt, dass ein “Ferdi” unterwegs sei und uns 100l Benzin bringen würde.
Zur Überbrückung der Zeit wurde Çay getrunken, Fussball gespielt, viel fotografiert und über Fußball gesprochen. Man lud uns auch gleich für den Winter zur Bärenjagd ein. Getreu dem hier üblichen Motto “Ihr habt die Uhr aber wir haben die Zeit”, dauerte das Ganze ewig. Als es dunkel wurde traf irgendwann das Militär vom hangaufwärts gelegenen Stützpunkt ein und sicherte den Dorfplatz mit Hütchen, Radpanzer und einigen Soldaten ab. Dann traf Ferdi mit fünf 20l – Kanistern Benzin ein, die mit dem obligatorischen aus einer Cola-Flasche geschnittenen Trichter umgefüllt wurden. Danach zeigte man uns eine andere Route und legte uns nahe die nächsten Kilometer ohne anzuhalten durchzufahren.
Genau das haben wir dann auch getan. Die 50 km Schotterpisten haben wir am Stück hinter uns gebracht und sind direkt weiter mach Erzurum gefahren. Dort haben wir die Autos wieder voll getankt, denn der recht teuer erworbene Sprit verflüchtigte sich erstaunlich schnell. Bei einem Verbrauch von 30l auf 50 km liegt der Verdacht, dass ein wenig Wasser seinen Weg in das gelieferte Benzin gefunden hat, nicht ganz fern.
Ohne weitere Zwischenfälle sind wir dann über die Schnellstraßenroute zum Fahrerlager in Erzincan gefahren und ca. um 3:30 Uhr angekommen. Nach dem obligatorischen Feierabendbier fielen wir in unsere Betten.
Eines sei noch vorweggenommen: Am nächsten Morgen erzählten uns die “Volvos” vom Team Schwabenstahl, dass sie ebenfalls bis zu diesem LKW gefahren waren. Als sie uns gesehen haben, haben sie sich gedacht “die wissen schon was sie tun”. Danke – denn bei einer Warnung wäre uns ein weiteres spannendes Erlebnis und eine Menge Gespräche mit Einheimischen entgangen.
Viele Grüße
Carlos
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